Zitat von crinblanc
Das Bild ist super!
In der Bretagne gab es auch einen älteren Mann (muß auch über 75 gewesen sein, gefragt hab ich nie), der im Sommer jeden Tag mit einem ebenfalls uralten bretonischen Kaltblut an den Strand kam, um zu planschen.
Der galt auch als "seltsam"- ich fand ihn supernett.
Leider hab ich keine Fotos mehr von den beiden.
Lg, crinblanc
Alter Mann..... mit 75 ist man noch im fast besten Alter....
Kleine Geschichte dazu:
Ein anderer Mensch hat mir in dieser Zeit (1951) eine wunderbare Lektion erteilt. Jeden Tag auf der Rückfahrt mit der Vespa (war damals was ganz Tolles) von der Fabrik nach Hause, musste ich über eine Brücke, unter der ein kleiner Fluss dahin floss. Ich hielt hier immer an, denn das Wasser war so klar, dass ich den Flussgrund, die Kieselsteine, Fadenalgen und natürlich auch die Fische und Krebse beobachten konnte. Besonders gegen Abend war es ein wunderschönes Bild mit den glitzernden Sonnenstrahlen auf den kleinen, von Flusssteinen hervorgerufenen Wellen. Damals war noch nichts von der Umweltverschmutzung zu erkennen, unter der wir heute alle leiden.
Neben der Brücke stand ein kleines Haus, mit niedrigem Dach, aus groben Steinen der Gegend erbaut, mit altersschwachen Fenstern und Türen. Vor dem Hause, ein kleiner, nicht umzäunter Garten mit altmodischen Blumen, Beete mit Kieselsteinen eingefasst und eine alte Trauerweide, die mit ihren Zweigen das ganze Haus zu beschützen schien und sich weit über den kleinen Fluss beugte. Vor diesem Garten stand eine Bank, gleich neben der kleinen Brücke, auf der mit schöner Regelmäßigkeit des abends ein sehr alter Mann saß.
Eines Tages sprach er mich an und bald war es eine schöne Gewohnheit für mich, jeden Abend eine halbe Stunde mit ihm auf dieser Bank zu sitzen, in den Fluss oder den Himmel zu schauen und ein wenig zu reden.
Sein Gesicht war eine Landschaft, voller Runzeln und Falten, tiefbraun, mit blitzenden, grauen Augen, dünnen schmalen Augenbrauen die, im Gegensatz zu den völlig weißen Haaren, noch dunkel waren. Er trug immer den gleichen, verblichenen Anzug aus grobem Stoff. Seine Schuhe schienen noch aus der Vorkriegszeit zu stammen. Ich will mich nicht festlegen, welcher Krieg hier gemeint sei. Besonders beeindruckten mich seine Hände. Sie waren knochig, die Fingergelenke etwas dicker, braune Flecken auf der Haut. Er hatte sicher sein Leben lang mit diesen Händen gearbeitet. Ich habe später oft bereut, dass ich mich nie mit ihm über sein Leben, seine Arbeit und seine Familie unterhalten hatte. Aber mit meinen 19 Jahren war ich zu viel mit mir selbst beschäftigt. Vieles, an das ich mich heute erinnere, hat sich nur in meinem Unterbewusstsein eingeprägt.
Eines Abends sagte er zu mir:
"Mon petit, wenn Du in Deinem Leben glücklich sein willst, dann gib, gib, gib, ohne daran zu denken, ob Du etwas wiederbekommst."
"Aber das ist doch unmöglich" antwortete ich, "wenn ich immer gebe und gebe und nie etwas bekomme werde ich arm und unglücklich sein!"
"Non, mon petit, Du hast unrecht, aber vielleicht bist Du noch zu jung, um es zu erkennen."
Mehr als 20 Jahre habe ich nicht an diesen alten Mann gedacht und erst heute ist mir klar, dass er Recht hatte. Er war es, der mir mit seinen Worten zu ersten Mal von BEDINGUNGSLOSER LIEBE sprach. Sicher war ich durch meine Jugend, mein Leben in einer Kaufmannsfamilie, durch die Wirren des Krieges und viele, auch schlechte Erfahrungen, viel zu materialistisch, um zu der Zeit diese Worte verstehen zu können. In den letzten 20 Jahren habe ich selbst diese Worte unzählige Male weitergegeben, wurde nicht immer verstanden und konnte dieses Unverständnis in Erinnerung meiner eigenen Jugend gut annehmen.
Auch diesem alten Mann, von dem ich nicht einmal mehr den Namen weiß, habe ich viel zu verdanken.
Ich denke, dass er auf der Ebene, auf der er sich jetzt befindet, meine heutigen Gedanken spürt und über die Stunden mit mir an dem kleinen Fluss schmunzelt.
Pierre