Geburtstag
Schon die letzten zwei Nächte war Lucie nervös und wir wussten, es konnte jeden Moment losgehen.
Die Milch war da, Harztropfen hatten sich gebildet, alle Anzeichen waren vorhanden, aber Lucie machte es spannend.
Heute Morgen brachten wir die Pferde, nachdem sie gefrühstückt hatten, also erst einmal wieder auf die Weide, damit wir auch die Ställe vernünftig sauber machen konnten.
Bei Lucie tropfte die Milch nur so aus dem Euter, aber sie hatte gut gefressen und war auch recht ruhig.
Man merkte zwar sofort, dass sie auch bereits Wehen hatte (das ging ja schon die ganze nacht davor so), und sie hatte nur eine Stunde etwas gegrast, als sich dann aber bereits in die äußerte Ecke der Koppel verzog.
Nun war es Zeit, sie wieder in den Stall zu holen, denn es zog noch ein recht kalter Wind über die Weide und man merkte einfach, das Lucie ihre Ruhe haben wollte.
Als ich Lucie abholte, kam sie mir schon entgegen und ging den Weg in ihre Box fast alleine. Die Milch spritzte nun bei jedem Schritt heraus.
Lucie wurde in der Box gleich wieder ruhiger, aber man konnte deutlich erkennen, dass sie regelmäßig Wehen hatte. Sie trat sich gegen den Bauch, hob den Kopf und drückte den Rücken durch, ging unruhig hin und her (wir beobachteten dies die ganze Zeit über die Kamera).
Um 11.50 Uhr ging dann das Fruchtwasser ab und sofort legte Lucie sich hin, leider etwas zu dicht an die Wand. Wir waren natürlich sofort bei ihr. Sie stöhnte nun heftig auf und begann zu pressen (sobald das Fruchtwasser abgeht und die Spannung im Mutterlaib weg ist, wird ein Hormon ausgeschüttet, das das Pressen ankurbelt) Wir legten ihr einen Gurt um ein Hinterbein und zogen sie einige Zentimeter von der Wand weg, was Lucie ohne Stress oder Probleme mit sich machen ließ. Nun konnte sie sich komplett auf die Seite legen und sie fing wieder an zu pressen (mir war schon ganz schlecht vor Aufregung). Der Tierarzt war bereits alamiert und auf dem Weg.
Dann waren auch schon die ersten Hufe zu sehen. Es war richtig schrecklich, wie sehr Lucie stöhnte (und mir wurde immer schlechter vor Aufregung). Sie wollte wieder aufstehen, aber ich drückte ihren Kopf sanft wieder ins Stroh, nun musste sie liegenbleiben.
Eine kleine Schnute war zu sehen, Stück für Stück ging es weiter, mit jeder Wehe presste Lucie das Fohlen etwas weiter heraus und dann war es mit einem Schwall geschaft!
Thomas befreite das Köpfchen sofort von der Haut und die Nüstern vom Schleim. Das kleine Fohlen hob sogar schon das Köpfchen. Es atmete kräftig und wollte sich sofort aufrichten.
Der TA war nun auch eingetroffen.
Genau um 12.00 Uhr, also 10 Minuten nachdem Lucie sich hingelegt hatte, war das Fohlen geboren, genau so muss es sein.
Lucie war völlig am Ende, lag auf der Seite und atmete schwer. Ich blieb bei ihrem Kopf, streichelte sie und sprach etwas beruhigend auf sie ein, obwohl alles absolut ruhig und gelassen abgelaufen und auch jetzt noch war (außer ich, ich heulte bereits und konnte mich nur dauernd bei Lucie bedanken).
Der TA brauchte eigentlich nur noch gratulieren, denn es war alles im bester Ordnung. Das Fohlen (eine Stute hatte Thomas inzwischen gesehen) hing noch an der Nabelschnur, das sollte auch so lange wie möglich so bleiben, wegen der Bakterien usw. Aber dann wurde das Fohlen lebhaft und schwups, war die Nabelschnur ab.
Nun war es an der Zeit, dass Lucie einmal ihr Baby sieht, denn die Gute lag ja noch völlig entkräftet auf der Seite. Ich hob also ihren Kopf etwas an und Lucie kam auch gleich etwas besser in die seitliche Lage und konnte nun nach ihrem Fohlen schauen, das Thomas ihrem Kopf nun etwas entgegen schob.
Wir hatten ja leichte Befürchtungen, Lucie könnte vielleicht Angst bekommen und nicht sofort entsprechende Muttergefühle entwickeln, weil es ihr erstes Fohlen war und das nach künstlicher Besamung. Aber unsere Sorge war absolut unbegründet.
Lucie fing sofort an ihr Baby abzulecken. Sie grunzte dabei leise, es war so süß (und ich heulte schon wieder)!
Es dauerte noch eine Weile, bis die Kleine auf die Beine kam, obwohl sie das ja sofort versuchte. Auch die ersten Trinkversuche waren noch seeeehr wackelig, aber eben alles total normal.
Der TA desinfizierte also nur den Nabel und konnte wieder los! Nur wenn die Plazenta nicht in den nächsten zwei Stunden von selber abgehen würde (wir hatten sie schon ein wenig hochgebunden, damit Lucie nicht noch darauf tritt), oder das Fohlen nicht trank, sollten wir ihm Bescheid geben, aber er meinte die Kleine sei so fit, besser gings nicht.
Bei den ersten Trinkversuchen halfen wir noch, aber bald ging das alles von alleine. Auch die Plazenta ging problemlos von alleine ab, alles war also in bester Ordnung.
Inzwischen hatte das Baby viel getrunken, gut geschlafen und weil so schönes warmes Sonnenwetter herrschte, brachten wir Mutter und Kind raus.
Danke nochmal, meine liebe Lucie, für dieses tolle Fohlen.
Es wird uns ein unvergessenes Erlebnis bleiben, dabei gewesen zu sein!