Im Sommer 2009 kam er zu uns.
Leonidas (Leoni) ist ein 1,82m großer, 16 Jahre alter Holsteiner Wallach. Er ist im Springen bis Klasse S gestartet (wurde sogar mal von Ludgar Beerbaum geritten) und bis er zu uns kam regelmäßig Turniere gegangen.
Bei seinem Vorbesitzer stand er die meiste Zeit im Stall und durfte nur ab und an mal in die Führanlage oder vielleicht auch mal mit einem weiteren Pferd nur bei schönem Wetter für 2 Stunden auf die Weide.
Dementsprechend sah auch sein Sozialverhalten aus. Er war zwar supersüß und eine absolut treue Seele, jedoch war er durch das ständige Training, die Turniere und die "Einzelhaltung" so abgestumpft, dass er mehr wie ein Sportgerät als wie ein Pferd wirkte. Aufgrund schlechten Beschlags waren seine Hufe sehr geschädigt und es dauerte lange, bis ich ihn endlich mal richtig reiten konnte. Das war für uns beide anfangs noch mehr Krampf als Zusammenarbeit; Leoni war hartes Training und auspowern gewohnt, während ich, als reine Freizeitreiterin, eher eine gemütliche Runde auf dem Platz bevorzugte. Leoni war immer extrem angespannt, hatte unglaublichen Vorwärtsdrang und auch wenn wir es dann doch mal mit einem Sprung versuchen wollten, sehr hibbelig. Dass ich mich nach dem ersten Sprungversuch noch weiter traute ihn zu reiten, hatten wir beide wohl seinem gutmütigen Gesicht und seiner Verblüffung über mein "Nichtskönnen" zu verdanken. Er griff einen kleinen Kavaletti an, als sei es ein 2m Sprung und ich flog dementsprechend aus dem Sattel und krallte mich von da an nur noch irgendwo fest, wenn er auf den Sprung losging.
Auch an seinem Verhalten gegenüber den anderen Pferden konnte man sehen, aus was für einer Haltung er kam. Klar, er war neugierig auf die neuen Mitbewohner, aber das sie extrem wild getobt sind, oder ein großes Willkommen losbrach konnte man nicht behaupten. Leoni war viel zu beeindruckt von dem vielen Platz, den unsere Weiden ihm boten und auch davon, dass er wirklich den ganzen Tag auf der Weide bleiben durfte schien ihn sehr zu verwirren. Da unsere Lucy ihm gleich klar machte, wer der Boss ist, war er weiterhin sehr zurückhaltend, leider auch, was den Kontakt zu Menschen anging. Er schnüffelte und nahm auch Streicheleinheiten an, aber er war nicht so aufdringlich und kuschelig, wie die Anderen.
Mittlerweile könnte man fast sagen, dass Leoni das sozialste Pferd in der Gruppe ist. Trotz seines Alters und seinem früheren harten Lebensalltag hat er immer Zeit mit den Kinder zu toben, sich immer wieder mit Lucy zu versöhnen und uns Menschen jeden Morgen mit fröhlichem Wiehern zu begrüßen. Seine Hufe sind noch immer nicht die Besten, aber er kommt immerhin schon ohne Hufeisen aus. Die Reiterei hat sich auch sehr verbessert, er ist immer noch schneller und arbeitsfreudiger, als das was ich gewohnt war, aber er achtet sehr auf meine eher lahme Reitweise und geht schön entspannt mit mir durch dick und dünn. Er kann sich jetzt sogar schon ein bisschen für die Dressurreiterei begeistern, obwohl im sicher auch mal ein kleiner Sprung gut täte, aber wir wollen grade jetzt bei dem Fortschritt mit seinen Hufen nichts überstürzen. Besonders der Kontakt mit Menschen hats ihm unheimlich angetan; er schmust solange, bis er kahl gegraulte Stellen hat, sagt immer "Guten Morgen" und braucht ganz ganz viel Aufmerksamkeit. Er hilft ja selbst beim Heufüttern mit, da er mit seinen Hufen nicht so gut auf den harten Paddockplatten stehen kann bekommt er sein Heu immer an die Seite gelegt, und damit wir das ja nicht vergessen, grummelt er und schlägt etwas mit dem Kopf, um uns nochmals daran zu erinnern, wo er denn sein Heu hinbekommt.
Die einzige Zeit, in der er keinen Menschen zum Kuscheln haben will ist wenn er frisst, da wird er sehr schnell genervt und zickig, wenn man ihn dabei stört.
Leoni hat sich seit er zu uns gekommen ist wirklich um 180° gedreht, aus dem stumpfen Sportpferd ist ein liebes Familienmitglied und ein echter Menschenfreund geworden!
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